"Die Natur zwingt uns zu nichts,
wir dürfen uns ihr anpassen."
Franz Kern

Schottergärten

Wie Schottergärten dem Igel den Lebensraum rauben

Die Nachteile von Schottergärten – Warum lebendige Gärten besser für Natur und Mensch sind

In vielen Wohngebieten sieht man sie: Vorgärten, die vollständig mit grauem Kies und Schotter bedeckt sind, oft nur hier und da unterbrochen von einzelnen Pflanzen. Der Trend zum sogenannten Schottergarten entsteht meist in der Hoffnung auf einen pflegeleichten und modernen Garten. Doch in Zeiten von Artensterben und Klimawandel erweisen sich diese akkuraten Steinwüsten als nachteilig – für die Natur und für uns Menschen. Im Folgenden beleuchten wir ausführlich die Nachteile von Schottergärten in privaten Gärten – von Artenverlust über Bodenversiegelung bis hin zum Mikroklima – und zeigen, warum ein naturnaher, lebendiger Garten die bessere Wahl ist.

Der Trend zum Schottergarten

Schottergärten sind absichtlich sehr minimalistisch gehalten: Auf großen Flächen liegen zentimeterdicke Schichten aus Kies oder Splitt, eine Bepflanzung mit Gräsern oder Stauden ist spärlich bis gar nicht vorhanden. Höhenunterschiede und abwechslungsreiche Strukturen fehlen meist, denn viele Besitzer möchten vor allem eines: einen möglichst geringen Pflegeaufwand im Garten erreichen. Häufig wird vor dem Aufschütten der Steine sogar ein wasserdichtes Unkrautvlies auf dem Boden verlegt, um jegliches Pflanzenwachstum zu unterdrücken. Was viele jedoch nicht wissen: Ein Kies- oder Schottergarten ist keineswegs so pflegeleicht oder kostengünstig, wie erhofft. Biologisch gesehen sind viele solcher Gärten sogar tot, denn sie bieten den meisten Tieren und Pflanzen weder Nahrung noch Lebensraum. Die Rechnung “Steine statt Pflanzen = weniger Arbeit” geht in der Praxis also selten auf – und die ökologischen Kosten sind hoch.

Artensterben: Kein Platz für lebendige Vielfalt

Steinerne Ödnis: In Schottergärten fehlen artenreiche Pflanzen, wodurch auch Insekten, Vögel und andere Tiere keinen Lebensraum mehr finden. Dadurch bleiben diese Flächen ökologisch weitgehend leer.
Ein naturnaher Garten kann ein kleines Paradies voller Leben sein – ein Schottergarten hingegen gleicht einer leblosen Kulisse. Wo keine oder nur monotone Pflanzen wachsen, finden Insekten, Vögel und andere Gartentiere weder Nahrung noch Unterschlupf. Häufig werden in Kiesbeeten allenfalls einzelne exotische Zierpflanzen wie Buchsbaum oder Bambus in Töpfen aufgestellt, die jedoch weder Pollen noch Früchte für heimische Tiere bieten. Selbst wärmeliebende Reptilien meiden oft diese monotonen Flächen, da auch sie dort weder Verstecke noch Insekten als Beute finden. Die Folge: In einem Schottergarten stellt sich eine gespenstische Stille ein – Bienen summen nicht, Vögel singen nicht, weil schlicht kein Leben vorhanden ist.

Dieser Verlust an Gartenleben trägt direkt zum Artensterben bei. Private Gärten sind in dicht besiedelten Gebieten inzwischen wichtige Rückzugsorte für die Natur. Doch „wo keine Pflanzen wachsen, wird sich auch kein Tier wohlfühlen“ – ein allgemeiner Artenverlust ist die Konsequenz. Versiegelte Steinflächen gelten aus Naturschutzsicht daher als ökologisch wertlos. Studien zeigen sogar, wie viel Vielfalt ein blühender Garten bieten könnte: So entdeckten Forschende in Zürich mehr als 2100 verschiedene Tier- und Pflanzenarten in den Gärten der Stadt. Diese enorme Zahl macht klar, welches Potenzial in einem grünen Garten steckt – Potenzial, das ein Schottergarten vollständig ungenutzt lässt. Viele Tier- und Pflanzenarten, die in der Agrarlandschaft selten geworden sind, kommen heute nur noch in naturnahen Gärten vor und können nur so überleben. Wer also seinen Garten mit Schotter versiegelt, nimmt Bienen, Schmetterlingen, Vögeln & Co. die Chance, dort zu überleben oder sich anzusiedeln.

Bodenversiegelung: Wenn der Garten zum Betonboden wird

Ein weiterer großer Nachteil von Schottergärten ist die Bodenversiegelung. Unter den Steinschichten wird der Boden oft mit Folie oder Vlies abgedeckt und verdichtet, sodass kaum Wasser oder Luft hindurchkommt. Der Boden verliert seinen Zweck als lebendiges Ökosystem und Wasserspeicher: Er wird über Jahre praktisch unbrauchbar. Dabei ist der Gartenboden eigentlich das artenreichste Biotop, das wir in Europa haben – voller Mikroorganismen, Insekten und Nährstoffe. In der „Steinwüste“ Garten geht diese Bodenlebendigkeit verloren: Nützlinge wie Regenwürmer fehlen, und die natürliche Bodenfruchtbarkeit leidet.

Hinzu kommt, dass ein versiegelter Boden das Regenwasser nicht mehr aufnehmen kann. Normalerweise funktioniert gesunder Boden wie ein Schwamm – er saugt Regen auf und gibt ihn nach und nach an Pflanzen oder das Grundwasser ab. In einem mit Kies und Folie versiegelten Garten dagegen staut sich das Wasser: Bei starkem Regen steht es auf der Fläche oder fließt ungenutzt oberirdisch in die Kanalisation ab. So geht wertvolle Feuchtigkeit für den Garten verloren. Außerdem können plötzliche Starkregenfälle sogar zu Überschwemmungen führen, da das Wasser vom verdichteten Schotterboden nicht aufgenommen wird. Ein Boden kann je nach Art bis zu 200 Liter Niederschlag pro Kubikmeter aufsaugen – fällt diese Speicherfunktion weg, landet das Wasser stattdessen in überlasteten Kanälen, überflutet Keller oder gelangt ungefiltert in Bäche und Flüsse. Im Zuge des Klimawandels werden solch heftige Regenereignisse häufiger, und jeder versiegelte Garten verschärft das Problem ein Stück weiter.

Nicht umsonst haben daher einige Bundesländer begonnen, Schottergärten zu verbieten. So schreibt etwa die Niedersächsische Bauordnung vor, dass unbebaute Flächen eines Grundstücks begrünt und wasserdurchlässig gestaltet sein müssen. In Baden-Württemberg sind neue Schottergärten seit 2020 explizit untersagt. Diese Regelungen unterstreichen, wie problematisch Bodenversiegelung auf privaten Grundstücken für die Umwelt ist.

Mikroklima: Heiße Steinwüsten statt kühler Oasen

Stein speichern Wärme – und genau das wird im Schottergarten zum Problem. Im Sommer heizen sich Kies- und Schotterflächen extrem auf, während ihnen kühlendes Grün fehlt. Messungen zeigen, dass Schottergärten sich an heißen Tagen auf bis zu 70 °C aufheizen können. Die aufgeheizten Steine speichern die Wärme und geben sie auch abends und nachts wieder ab. Die Folge sind lokale Hitzeinseln: Die Umgebungsluft in und um solche Gärten ist deutlich wärmer als in begrünten Bereichen. Das merkt nicht nur der Gartenbesitzer selbst, sondern oft auch die Nachbarschaft, die die aufsteigende Hitze mit abbekommt.

Pflanzen fehlen hier als natürliche Kühlaggregate. Normalerweise würden Rasen, Büsche und Bäume durch Verdunstung und Schatten die Umgebungstemperatur senken – sie fungieren als natürliche Klimaanlage eines Gartens. In einem Schottergarten bleibt dieser Effekt aus. Die Luft flimmert über heißem Kies, jeder Schritt auf den Steinen reflektiert Hitze nach oben. Die spärliche Bepflanzung, falls vorhanden, verbrennt regelrecht in der Sonne: Nicht an Wüstenklima angepasste Pflanzen vertrocknen trotz Wässern oft schnell auf dem heißen Steingrund. Für Menschen wird ein solcher Hof oder Vorgarten an Sommertagen ebenfalls unbenutzbar – barfuß über kochend heiße Steine zu laufen, macht sicherlich keinen Spaß.

Diese Überhitzung wirkt sich auch auf angrenzende Gebäude und die Wohnqualität aus. Die Hitze strahlt auf Hauswände und Fenster, wodurch sich selbst Innenräume stärker aufheizen können. Ein Schottergarten schafft also lebensfeindliche Bedingungen, die von Pflanzen, Tieren und Menschen gemieden werden – nahegelegene Häuser inklusive​. Gerade in dicht bebauten Siedlungen trägt jeder grüne Garten dazu bei, das Stadtklima erträglicher zu machen. Umgekehrt bedeutet jeder Stein- und Kiesgarten mehr Hitze in der ohnehin aufgeheizten Stadt.

Unterschätzter Pflegeaufwand: Teuer und zeitintensiv

Einer der Hauptgründe, warum sich viele Hausbesitzer für einen Schottergarten entscheiden, ist der vermeintlich geringe Pflegeaufwand. Die Idee: Kein Rasenmähen, kein Unkraut jäten, einfach ab und zu Laub runterfegen – fertig. Doch diese Rechnung geht meist nur in den ersten Monaten auf. Mittelfristig sind Schottergärten sogar sehr pflegeintensiv. Zwischen den Steinen sammelt sich mit der Zeit Laub, Staub und Erdreich, und der Wind trägt Samen von umliegenden Pflanzen heran. Früher oder später keimt doch etwas zwischen dem Kies – und nach ein paar Jahren sprießt im Schottergarten das Unkraut. Dann beginnt die mühsame Fummelei: Die unerwünschten Pflänzchen lassen sich oft nur in gebückter Haltung und Stein für Stein wieder entfernen. Wer das scheut, greift womöglich zu Unkrautvernichtungsmitteln – doch damit wird die Fläche endgültig zur Giftzone, auf der wirklich nichts mehr leben kann.

Auch die scheinbar “pflegeleichte” Optik eines Schottergartens hält nicht von selbst. Ohne regelmäßige Reinigung setzen Kieselsteine schnell Algen, Moos und Flechten an und verfärben sich grünlich​. Durch herabfallendes Laub und Staub entsteht außerdem ein Nährboden, auf dem wiederum etwas wächst, wenn man nichts unternimmt. Um die Steine sauber zu halten, ist also regelmäßiges Säubern nötig. Oft kommen dabei Laubbläser oder Hochdruckreiniger zum Einsatz – Geräte, die laut sind, viel Energie verbrauchen und obendrein Bodenlebewesen schädigen. Wirklich entspannende Gartenarbeit ist das nicht. Nach ein paar Jahren steht außerdem meist eine Runderneuerung an: Experten raten, alle drei bis zehn Jahre die gesamte Kiesschicht abzutragen, den Kies zu waschen, das durchwurzelte Unkrautvlies auszutauschen und dann die Steinschicht wieder aufzubringen. Das ist Schwerstarbeit oder mit hohen Handwerkerkosten verbunden – und klingt alles andere als pflegeleicht.

Zuletzt darf man die Kosten nicht vergessen. Eine Schotterschicht anzulegen ist oft teurer als angenommen: Hochwertiger Zierkies kann mehrere hundert Euro pro Tonne kosten​. Für eine Fläche von zehn oder zwanzig Quadratmetern kommt da schnell ein ansehnlicher Betrag zusammen. Dazu kommen Vlies, Untermaterial und eventuell die Miete von Rüttelplatte oder Reinigungsgeräten – von den laufenden Kosten wie Strom für den Hochdruckreiniger ganz zu schweigen. Insgesamt ist ein Schottergarten weder auf Dauer günstig noch wirklich arbeitssparend. Ein natürlicher Garten kann – richtig geplant – ebenso pflegeleicht sein, ohne dabei diese versteckten Kosten und Mühen zu verursachen.

Weitere ökologische Folgen: Staub, Lärm und fehlendes Grün

Schottergärten beeinflussen nicht nur Tiere, Boden und Klima, sondern auch die Umweltqualität für uns Menschen direkt. Ohne Pflanzen fehlen natürliche Filter für die Luft. Feinstaub und Schadstoffe wie Stickoxide werden normalerweise von Blattoberflächen gebunden – ein grüner Vorgarten wirkt wie ein Luftfilter. In der Steinwüste dagegen bleibt der Staub in der Luft hängen und verteilt sich ungehindert in der Umgebung. An vielbefahrenen Straßen können Kiesflächen daher die lokale Luftqualität verschlechtern, weil nichts die Partikel mehr zurückhält. Gleichzeitig geht auch die Lärmdämmung verloren: Büsche, Hecken und Bäume können erstaunlich viel Schall schlucken, zum Beispiel Verkehrslärm oder laute Geräusche aus der Nachbarschaft. Steine und Mauern hingegen reflektieren Schallwellen. Ein Schottergarten kann den Lärm also eher noch verstärken, anstatt ihn abzuschirmen. Wer an einer Straße wohnt, wird den Unterschied sofort merken, ob vor dem Haus eine weiche, begrünte Fläche liegt oder ein harter Steinteppich.

Darüber hinaus dürfen wir den Wohlfühlfaktor von Grün nicht unterschätzen. Studien belegen, dass eine grüne Umgebung nachweislich Stress reduziert und zur Luftreinhaltung beiträgt​. Ein Garten mit bunten Blumen und schattigen Plätzen wirkt auf viele Menschen beruhigend und einladend. Wird diese Begrünung durch kargen Kies ersetzt, geht auch dieser positive Effekt verloren​. Statt Vogelgezwitscher und Blütenduft bietet ein Schottergarten nur trostlose Eintönigkeit – das Auge sieht grau, das Ohr hört vielleicht verstärkt den Verkehr, und die Seele findet weniger Ausgleich vom hektischen Alltag. Kurzum: Die Lebensqualität im eigenen Umfeld leidet, wenn das kleine Stück Natur vor der Haustür eliminiert wird.